Möchten Sie Ihre Grenzen deutlicher wahrnehmen und respektieren? Soll die Abgrenzung gegenüber unpassenden Anforderungen besser gelingen?

 

Mit dem Aufbau von starken Grenzen und einer guten Erdung stärken Sie Ihr Ich und Ihr Selbstbewusstsein. Dafür ist es hilfreich, sich die eigenen körperlichen Grenzen deutlicher bewusst zu machen und sich mit einer spürbaren Verbindung zum Boden gut zu erden.

Das bedeutet, einerseits die Haut und andererseits die Muskeln, die unserem Körper den „Rahmen“ und die Grenze geben, zu aktivieren.

Übung 1: Aktivieren Sie Ihre Haut

Bürsten Sie Ihre Haut, nehmen Sie Wechselduschen oder klopfen oder reiben Sie mit den Fingern Ihre Haut ab. Besonders wichtig sind die seitlichen Außenflächen Ihres Körpers. Spüren Sie nach, wie Sie diese Bereiche dann aktivierter und deutlicher wahrnehmen können. Lassen Sie sich dabei bewusst frei ein- und ausatmen. Wenn Sie merken, dass eine Stelle weniger gut spürbar ist, legen Sie eine Hand darauf oder wiederholen Sie da das Klopfen oder Reiben ein weiteres Mal. Mit der Zeit werden Sie Ihren Körper mit seinen Außengrenzen immer bewusster wahrnehmen können.

 

Übung 2: Machen Sie sich breit

Setzen Sie sich in einen Sessel mit Armlehnen, die Arme liegen innen an den Lehnen. Atmen Sie dreimal langsam ein und aus. Drücken Sie nun seitlich die Ellbogen bzw. Unterarme nach außen, so als würden Sie die Armlehnen auseinander drücken. Spüren Sie die Aktivierung an den Außenseiten der Oberarme. Gleichzeitig drücken Sie die Füße in den Boden. Dabei regelmäßig weiter atmen. Für ca. drei Atemzüge halten Sie die Spannung in den Armen und Beinen, dann loslassen. Atmen Sie zweimal tief durch und wiederholen Sie diesen Ablauf noch zweimal.

Dann nehmen Sie sich einen Moment Zeit zum Nachspüren. Vielleicht fühlen Sie sich ein klein bisschen stärker, entspannter und ruhiger sowie im Sessel und im Bodenkontakt etwas besser geerdet.

 

Übung 3: Behaupten Sie Ihren Raum

Diese Erfahrung mit den aktivierten Oberarmen können Sie etwas abgewandelt auch für sich nützen, wenn Sie in einer überfüllten U-Bahn stehen. Stellen Sie sich aufrecht und schulterbreit hin. Drücken Sie nun die Füße etwas in den Boden, so als ob Sie sich vom Boden wegdrücken wollen. Dadurch entsteht etwas Spannung im ganzen Körper und Sie haben einen besseren Bodenkontakt. Die Arme hängen nach unten. Dann aktivieren Sie wieder ein klein wenig die Ellbogen nach außen. Die Bewegung ist von außen kaum sichtbar, aber Sie geben sich damit ein Gefühl der Breite und „behaupten Ihren Raum“ leichter. Wichtig ist wieder, dass Sie dabei bewusst Ihren Atem fließen lassen.

 

Übung 4: Verschieben Sie eine Wand

Wenn Sie sich unruhig und etwas „abgehoben“ fühlen, stellen Sie sich seitlich an eine Wand. Legen Sie eine Handfläche an die Wand, so dass Ihr Ellbogen nach unten stark abgewinkelt ist. Ganz langsam und kraftvoll drücken Sie jetzt gegen die Wand, als ob Sie sie ein paar Zentimeter verschieben möchten. Dabei strecken Sie den Arm langsam aus, sodass Sie damit mehr Abstand von der Wand bekommen. Damit nützen Sie die Kraft aus dem Oberarm. Mit gut fließendem Atem wiederholen Sie diese Bewegung ca. fünfmal. Dann wechseln Sie auf die andere Seite. Nehmen Sie sich anschließend wieder einen Moment Zeit, sich wahrzunehmen, den Bodenkontakt zu spüren und den Unterschied in Ihrem Inneren zu bemerken: vielleicht fühlen Sie sich wieder ein Stück ruhiger und stärker.

 

Übung 5: Fort mit der Belastung

Wenn Sie sich mit belastenden Gedanken zu einem Thema herumschlagen und merken, dass Sie das Bedürfnis haben, davon Abstand zu nehmen, probieren Sie folgende Übung: Setzen Sie sich aufrecht in einen Sessel oder stellen Sie sich aufrecht hin. Machen Sie sich wieder den Boden unter Ihren Füßen deutlicher wahrnehmbar, indem Sie die Füße etwas in den Boden drücken. Nehmen Sie auch das belastende Gefühl wahr und lassen Sie sich atmen. Vielleicht bleibt es bei dem Gefühl oder es entsteht ein Bild, das mit der Belastung einhergeht. Schieben Sie das Gefühl oder das Bild jetzt mit den Armen von sich weg, so als ob Sie einen etwas schwereren Gegenstand von sich weg drücken. Erlauben Sie sich den Gedanken und das Gefühl, diese Belastung von sich wegzuweisen. Sie wiederholen einige Male diese Bewegung mit den Armen gerade nach vor und auch etwas schräg seitlich nach vor. Die Handflächen weisen ebenfalls nach vorne, sodass Sie das Belastende weg von sich und in der Entfernung wie an eine Wand kleben, damit es dort verbleibt. Geben Sie etwas Nachdruck in den Armen und Händen beim „Ankleben“. Das Wegschieben begleiten Sie mit Ihrem Ausatmen.

 

Übung 6: Finden Sie Ihren Abstand

Eine Partnerübung, um sich den eigenen Raum bewusst zu machen: Stellen Sie sich mit möglichst großem Abstand gegenüber auf und wenden Sie sich einander zu. Die Partnerin/der Partner bleibt stehen, und Sie gehen ganz langsam Schritt für Schritt näher, bis Sie das Gefühl haben, die im Moment passende Distanz erreicht zu haben – dort, wo Sie sich am wohlsten fühlen. Mit ein paar halben Schritten vor und zurück finden Sie die genaue Position. Das hilft, den eigenen Raumbedarf, der sich je nach Situation verändern kann, bewusster wahrzunehmen. Sie üben damit auch gleichzeitig, diesen passenden Abstand immer wieder selbst herzustellen.

Umgekehrt können Sie die Partnerin/den Partner bitten, wieder vom Ausgangspunkt ganz langsam näher zu kommen, während Sie stehen bleiben. Sie sagen „Stopp“, wenn Sie bei sich merken: „so passt der Abstand jetzt“.

 

Abschließend eine Einladung, sich immer wieder gut verankert in der Welt, gut geerdet und ruhiger im Moment zu fühlen: Legen Sie öfter zwischendurch Ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst darauf, dass Sie einen Boden oder einen stützenden Sessel unter sich haben (auf die Schwerkraft ist immer Verlass!). Nehmen Sie konkrete einzelne Geräusche bewusst war oder sehen Sie sich kurz ein Detail in Ihrer Umgebung ganz genau an. Berühren Sie etwas ganz bewusst und nehmen Sie die Oberfläche wahr. Atmen Sie dabei. Dies hilft, eine bessere Wahrnehmung von sich zu bekommen, und damit ist es viel leichter, die eigenen Grenzen zu spüren und zu respektieren.